Und dieser chronische Entzündungsreiz kann im Verlauf zu einem Verlust der Organfunktion und zu einer Fibrosierung
führen.
Das ist die große Schwierigkeit und die große Herausforderung bei der IgG4-Erkrankung, dass aufgrund der Tatsache,
dass es so viele unterschiedliche Organsysteme befällt, dass es nicht die einzelne Red Flag gibt und dass es zum
Teil zu einer erheblichen Verzögerung zwischen Symptomen des Patienten, die möglicherweise falsch gedeutet werden,
und eigentlicher Diagnose der Erkrankung kommt.
Als Beispiel kann zum Beispiel ein Patient mit einem Diabetes mellitus aufgrund einer IgG4-Erkrankung erst deutlich
verspätet als IgG4-Erkrankung erkannt werden, weil eben nicht die IgG4-Erkrankung initial vermutet wird.
Wir sehen häufig Patienten, primär Tumorerkrankungen verdächtigt werden und erst nach Ausschluss der Tumorerkrankung
die Kolleginnen und darauf aufmerksam werden, dass differenzialdiagnostisch möglicherweise auch eine IgG4-Erkrankung
in Frage kommt.
Das heißt, die klassischen Red Flags haben wir nicht, was die Diagnose erschwert und was dazu führt, dass wir häufig
eine deutliche Verzögerung von zum Teil unspezifischen Symptomen bis zur korrekten Diagnose und dann natürlich auch
zur kausalen Behandlung haben.
Der diagnostische Weg ist durchaus lang und kann sich verzögern und wir sehen natürlich an der Universitätsmedizin
Göttingen viele Patientinnen und Patienten, die aus ganz unterschiedlichen Richtungen zu uns kommen.
Wir sehen Patientinnen und Patienten, die mit unklarer Symptomatik kommen, wo wir möglicherweise dann die
IgG4-Erkrankung als Differenzialdiagnose einbeziehen, weil wir diese Patienten häufiger sehen.
Wir sehen aber auch natürlich Patienten, die von niedergelassenen Fachärzten, Gastronologen zu uns kommen mit der
speziellen Fragestellung, könnte es sich hier um eine IgG4-Erkrankung handeln und wo wir dann durch unsere minimal
invasiven diagnostischen Möglichkeiten, zum Beispiel der Endoskopie und der Endosynographie, auch letztendlich die
histologische Diagnose sichern können und damit die Diagnose sichern können.
Viele Patienten kommen initial in die Gastroenterologie, weil die Organe, Bauchspeicheldrüse und Leber sehr häufig
beteiligt sind, aber natürlich kann die IgG4-Erkrankung auch zu Beginn der Diagnose ganz andere Organe betreffen.
Es kann die Niere betroffen sein, es können die Mundspeicheldrüsen betroffen sein.
Das heißt, die Patienten kommen aus sehr vielen Richtungen und unsere Aufgabe ist es und das ist natürlich die
Aufgabe einer interdisziplinären Versorgung, systematisch die Patienten zu untersuchen, welche Organe überhaupt alle
betroffen sind.
Und häufig macht nur ein Organ Symptome, es sind aber zwei oder drei andere Organe mit betroffen.
Also, als Beispiel, ein Patient kommt mit einem Ictorus, mit einer Gelbfärbung der Haut durch eine Verengung der
Gallenwege und wir sehen erst im Verlauf, da ist die Bauchspeicheldrüse auch mitbefallen und die Speicheldrüsen sind
auch befallen, er hat immer einen trockenen Mund, das hat ja nie mit den erhöhten Leberwerten in Verbindung
gebracht, aber wir sehen auf einmal, da sind drei Organe befallen.
Und weil so viele unterschiedliche Organe betroffen sind, brauchen wir ganz dringend eine interdisziplinäre
Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachdisziplinen aus der HNO, aus der Nephrologie, natürlich aus der
Gastronologie, aber ebenso aus der Radiologie, aus der Urologie.
Und das strukturiert durchzuführen ist die Aufgabe, auch die Aufgabe der Zukunft.
Wir machen das hier an der Universitätsmedizin sehr strukturiert, wir treffen uns regelmäßig im sogenannten IGG4
Board, wo wir gemeinsam mit den unterschiedlichen betroffenen Fachdisziplinen Patienten bei Erstdiagnose besprechen,
aber auch schwierige Verläufe gemeinsam beraten, was ist die geeignete Therapie, was ist klinisch am vordringlichsten und wie können wir diese Patienten über die
Erstdiagnose hinaus auch langfristig betreuen, denn die IGG4 Erkrankung ist eine chronische Autoimmunerkrankung und
die Patienten brauchen eine langfristige Betreuung, die bestmögliche Versorgung und um auch Spätkomplikation der
Erkrankung frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Die Patientinnen und Patienten mit der IGG4 Erkrankung haben bisher in Deutschland noch kein strukturiertes
Versorgungskonzept und feste Anlaufstellen.
Wir in Göttingen machen das so dass wir in unseren Spezialambulanzen die Patienten regelmäßig verlaufskontrollieren,
dass wir eine Therapie beginnen, die Therapie kontrollieren und diese Patienten ganz strukturiert auch
interdisziplinär fortführen.
Aber ich glaube, dass für die Zukunft es wichtig ist, diese strukturierte Versorgung und die Experten für diese
seltene Erkrankung zu koordinieren, so dass Patienten mit dieser Erkrankung oder aber auch der Verdacht die Diagnose
dieser Erkrankung einer strukturierten Diagnose, Therapie und strukturierten Nachsorge zugeführt werden kann.